Wenn kleine Wunder auf die Erde kommen...

Die Idee zu diesem Thema schwirrt seit vielen, vielen Wochen/Monaten in meinem Kopf umher. Aus persönlichen Erlebnissen und auch auf Grund von Beobachtungen im Verwandten-,Freundes- und Bekanntenkreis habe ich mich jetzt dazu entschlossen darüber zu schreiben.

Mein Anliegen hierbei ist es, Eltern, jungen Familien einen kleinen "Einblick" und vor allem Zuversicht im Leben mit Kind zu geben. Selbstverständlich kann dies immer nur jeder persönlich entscheiden und filtern, was er für gut, nicht gut, sinnvoll oder eben nicht sinnvoll hält. Ich möchte weder belehrend noch als das "Beste" wirken, es soll lediglich meine Sicht zeigen und vielleicht so manch einem eine Hilfe sein. Ich schreibe über ein Familienleben, in dem zwei gesunde Kinder mit Mama und Papa leben, das heißt für mich, ich kann keinen Einblick oder Hilfestellung geben, für Eltern/Familien die mit einem beeinträchtigten Kind oder allein erziehend leben. Wer trotzdem gerne mit lesen möchte, ist herzlich dazu eingeladen.

Unser 1. Kind

Mein Anfang der Geschichte liegt mittlerweile fast zehn  Jahre zurück. Ich war 22 Jahre alt und mein Mann und ich wünschten uns von Herzen ein Kind. Endlich am 01.12.2004 stellte mein Frauenarzt eine Schwangerschaft fest und ich hätte am liebsten die ganze Welt umarmt für dieses Wunder.
Ich hatte glücklicherweise eine problemlose Schwangerschaft und freute mich über bester Gesundheit. Ich konnte arbeiten gehen und als ich es im dritten Monat meinem Arbeitgeber sagte, bekam ich leider keine Glückwünsche sondern die Aussage:"Wir können ihnen aber keine Teilzeitstelle anbieten, entweder sie kommen nach der Elternzeit wieder an ihre Vollzeitstelle oder sie können kündigen." Von da an brach erst einmal eine Welt für mich zusammen. Ich wollte mir noch keine Gedanken über "Arbeit danach" machen, ich wollte mich freuen und die Zeit genießen.
Da ich in einem Kindergarten Gruppenleitung und stellvertretende Leitung war fingen auch die Eltern an, sich zu beschweren, anstatt sich für und mit mir zu freuen. Ich bekam Mutterschutz-Gesetze an meine Gruppen-Infowand gehängt, hatte einige Eltern, die jeden Tag einen fiesen Kommentar abgaben und das Gefühl ich habe etwas ganz schlimmes verbrochen. Meine Gedanken wurden aus: ich bin der glücklichste Mensch der Welt, denn ich erwarte ein Baby-zu: ich hätte nie schwanger werden dürfen, wie konnte ich das nur allen antun. (Heute weiß ich, niemals hätte ich diesen Menschen soviel Recht geben dürfen, mich so zu behandeln)

In der 24. Schwangerschaftswoche stellte mein Frauenarzt Frühwehen fest und beschloss aufgrund meines Gesamtzustandes mich arbeitsunfähig zu schreiben, damit ich mich erholen kann und die Freude an der Schwangerschaft und auf das Baby wieder zurück kehren kann. Von da ab blieb ich zu Hause. Ich musste anfangs sehr viel liegen und durfte mich nicht anstrengen. Nach ca. 2 Wochen wurde es besser und ich konnte abschalten und mich ganz auf unseren kleinen Engel konzentrieren. Ich bin heute meinen damaligen Frauenarzt von Herzen dankbar, denn durch sein schnelles und klares reagieren, fand ich zu meiner Freude und zu allem, wie ich es mir vorstellte zurück.
Wir richteten alles für unser Baby her. Mein Papa baute eine Wickelkommode, wie ich sie mir für unser kleines Bad gewünscht habe, meine Oma kümmerte sich um den Stubenwagen und nach und nach zogen immer mehr Babykleider ein. Meine Mama und ich kauften zusammen den Kinderwagen und Anfang Juli 2005 war alles bereit und unser kleiner Stern konnte kommen.

Jetzt wartete ich jeden Tag, denn durch den heißen Sommer 2005 hatte ich sehr viel Wasser in den Beinen und ich konnte außer Badeschlappen keine anderen Schuhe mehr anziehen.
In der Nacht vom 22. Juli auf den 23. Juli war es dann soweit. Meine Fruchtblase platze zu Hause, aber da ich von meinem Frauenarzt wusste, dass das Köpfchen schon ganz tief lag, ging ich erst noch in eine warme Badewanne zu Hause. Mein Mann stellte alles bereit für die Fahrt ins Krankenhaus. Ich war aufgeregt und freute mich unendlich, dass ich jetzt unser Baby zur Welt bringen darf. Ich hatte mich mit Schwangeren Yoga darauf vorbereitet und hatte das Gefühl, gestärkt zu sein.
Als wir im Krankenhaus meiner Wahl ankamen, wurden wir in den Kreißsaal gebracht und die Hebamme untersuchte mich und meinte, sie komme in ein paar Minuten wieder, denn es wird noch eine Weile dauern. Anfangs hatte ich leichte Wehen, die nicht allzu regelmäßig kamen, deshalb legte ich mich noch ein bisschen hin und versuchte zu schlafen (was vor lauter Aufregung unmöglich war)
Als die Hebamme nach einiger Zeit kam, dachte ich, mich haut es um. Hatte diese Dame doch ernsthaft in dieser Zwischenzeit eine Zigarette geraucht und mir wurde auf diesen Geruch so extrem übel, dass mein Mann das Zimmerfenster öffnen musste, denn wenn diese Dame mit mir sprach, kam dieser eklige kalte, abgestandene Nikotingeruch direkt in meine Nase.
Mit der Zeit wurden die Wehen stärker und häufiger und ich musste beginnen, sie zu beatmen. Mir wurde durch die Schmerzen und den Gestank (ich kann es leider nicht anders nennen) so schlecht, dass ich anfing zu spucken. Zu diesem Zeitpunkt schämte ich mich in Grund und Boden, denn so spucken musst ich noch nie. Mein Mann hielt mir die Nierenschale und kam kaum dazu, diese zu wechseln.
Schichtwechsel, es kam eine neue Hebamme, welche zu meinem Glück Nichtraucherin war und ich dadurch schon einmal keinen schlechten Geruch in meinem Zimmer hatte.
Leider hörte das "sich übergeben" nicht auf und ich verlor immer mehr Kraft. Damit ich mich besser entspannen kann und sich unser Baby auch beruhigt, wurde ich in die Badewanne gelegt. Zu Beginn tat mir das warme Wasser und das Gefühl der Schwerelosigkeit sehr gut. Ich wollte die Badewanne nicht mehr verlassen. Mein Kreislauf sah die Sache etwas anders und ging völlig den Bach hinunter. Ich begann zu zittern und die Herztöne unseres Engelchens wurden schwächer. Die Hebamme holte mich aus der Wanne und ich wurde mit dem Rollstuhl zurück in den Kreißsaal gefahren. Dort warteten schon der Oberarzt und die Assistenzärztin, welche sehr besorgt aussahen. Nach kurzer Untersuchung stellte der Oberarzt fest, dass sich trotz starker Wehen nichts am Muttermund verändert hat. Ich lag in diesem Bett und wusste nicht mehr, wo vorne und hinten, oben und unten war. Ich wusste nicht mehr, wie ich diese starken Wehen veramten könnte und war am Spucken und Weinen. Der Oberarzt stellte fest, dass ich Wehenkrämpfe habe, das heißt, eine Wehe nach der anderen kommt ohne die typische Pause dazwischen. Das Team entschloss sich dafür, mir eine PDA zu geben, damit ich Kräfte sammeln kann und unser Baby auch. Diese Spritze muss ja ganz präzise und genau an einer bestimmten Stelle zwischen den Wirbeln gesetzt werden. Da ich aber so Krämpfe hatte, war es sehr schwer, sich nicht zu bewegen, was beim Setzen dieser Narkose von größter Wichtigkeit ist. Wir haben es geschafft!!!
Die Krämpfe wurden leichter, bis ich sie kaum noch spürte. Ich konnte ein bisschen zur Ruhe kommen und normal atmen.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging, aber als der Oberarzt wieder kam. war er nicht begeistert. Er forderte eine Kinderärztin an, denn er war drauf und dran einen Notkaiserschnitt zu machen, da unser Kleiner sehr schwache Herztöne hatte. Mein Mann wurde von der Hebamme noch einmal zum frische Luft schnappen geschickt, denn es würde jetzt der Endspurt kommen.
Mein Mann kam nicht mehr rechtzeitig, denn der Oberarzt forderte die Assistenzärztin an und dann ging es los. Da die PDA nicht nachgespritzt wurde, spürte ich die Wehen, allerdings nicht in voller Stärke. Der Oberarzt begann mit den Geburtsvorgang. Er hatte sich Zange und Saugglocke vorbereiten lassen, denn er erklärte mir, nur so würde ich einem Notkaiserschnitt auskommen. Beim Ersten Mal rutschte die Saugglocke wieder ab und der OA fluchte und schimpfte, was mich als Entbindende völlig aus der Fassung brachte. Ich fing schrecklich an zu weinen, konnte überhaupt nicht mehr klar denken und hatte das Gefühl, die Welt geht unter.
Die beiden Hebammen neben mir beruhigten mich und ich sollte nur auf sie hören, was ich in meiner Verzweiflung auch tat. Beim Zweiten Anlauf klappte es mit der Saugglocke und unser kleiner Engel konnte auf die Welt kommen. Die Kinderärztin schnappte ihn sich gleich zur Untersuchung. Mein Mann stand vor der Zimmertüre, da sie ihn nicht mehr zu mir herein ließen und sah nur, wie die Kinderärztin mir einem kleinen Bündel an ihm vorbei lief. Wir beiden hatten natürlich schrecklich Angst und waren mit den Nerven am Ende.
Nach ein paar Minuten kam die Kinderärztin wieder mit unserem Zwerg und meinte, er hätte viel zu schnelle Herztöne, aber sie möchte, bevor sie ihn in die Intensivstation bringt erst etwas versuchen. Sie legte ihn mir auf die Brust und meinte, nach max. fünf Minuten muss sich sein Herzschlag und Puls verlangsamt haben, wenn nicht, muss sie ihn mitnehmen.
Mein kleines Wunder brauchte nicht einmal die fünf Minuten, denn schon nach kurzer Zeit, beruhigte er sich und ich mich auch und wir beide stabilisierten uns. Das gesamte Team war zufrieden und sagte, nur eine Mama und ihre Wärme und ihr Herzschlag hätte eben diese Macht, das kleine Wunder zu beruhigen (wenn das Baby sonst völlig gesund ist).
Wir kamen in ein schönes Zimmer und die Hebamme sagte mir, dass ich die nächsten zwei Tage nicht aufstehen darf, denn bei der PDA wurde zu tief in mein Rückenmark gestochen, deshalb ist Flüssigkeit abgegangen und dadurch werde ich im aufrechten Stand starke Kopfschmerzen und Schwindel haben. Ich solle viel trinken, damit sich der Flüssigkeitsstand wieder neutralisiert und dann wird es auch wieder weggehen.

Als ich nach drei Tagen die Klinik verlassen habe, war alles wieder in Ordnung. Ich entschuldigte mich noch beim Team, weil ich hatte zum Teil die Ärzte angespuckt und angepieselt, was mir unglaublich peinlich und unangenehm war. Alle lächelten und sagten, dass ich nicht die Erste bin, der dies passiert und meine Hebamme sagte:"Es gibt viele Frauen, die ihre Kinder auskotzen."

Im Nachhinein wäre ich dankbar gewesen, es hätte mir irgendwann mal einer gesagt, dass es während einer Entbindung auch passieren kann, dass man spucken muss. Ich hätte mich nicht so sehr geschämt und mir auch während der Geburt nicht so viele Vorwürfe gemacht, wenn ich gewusst hätte, dass das ganz normal sein kann. Niemand von all denen, die ich während meiner Schwangerschaft gesprochen habe, hat auch nur erwähnt, dass es ihnen auch so ging. Leider erst, als ich es erzählte, sagten sie, ihnen sei das auch passiert, das ist überhaupt nicht schlimm.

Liebe werdende Mamis, schämt Euch bitte niemals für irgend etwas, was bei einer Entbindung sein kann, denn glaubt mir, die Teams und Hebammen kenne das alles und es ist alles ganz normal. Hört auf Euer Bauchgefühl und schämt Euch auch niemals dafür, wenn ihr eine PDA oder einen Kaiserschnitt haben möchtet. Euch als Mama muss es gut gehen und Ihr müsst Euch wohl fühlen, denn nur dann kann sich auch Euer kleines Lebenswunder wohl fühlen und gut in das Leben auf der Erde starten.
Ihr seid auch niemals "Versager", wie ich es auch leider schon gehört habe, wenn Ihr keine natürliche Geburt erleben dürft. Ihr seid immer spitze und einmalig, denn ihr schenkt einem kleinen Menschen das Leben, durch euren Körper und Eure Liebe. Ihr seid wunderbar, egal wie der Weg auf die Erde gemeistert wird, nur mit Euch kann es ein kleines Baby schaffen.

Jede Mami ist ein Held, glaubt an Euch, an Eure Kraft und hört auf Eure Gefühle!!!

Zauberhafte Grüße

Kathi 

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